#Moodycrankyclub

Wer nicht leidenschaftlich und ehrlich gerne läuft wird diesen Eintrag nicht verstehen. Aber es ist ein Fakt: Nicht laufen, macht üble Laune. Sehr schnell machen sich die fehlenden Glückshormone bemerkbar – drinnen ist es genauso grau wie draussen. Das mangelnde Ventil potenziert die schlechte Laune. Die Rechnung ist einfach: No run = moody + cranky. Kurz: Willkommen im #moodycrankyclub!

Ein Sehnenanriss und fertig ist das Laufjahr 2017 – dabei warten Laubblätterhaufen darauf in alle Himmelsrichtungen verstreut zu werden und der Herbstwind langweilt sich, wenn er sich mir nicht in den Weg stellen kann. An einigen Tagen, da ist das alles nicht so schlimm – wenn’s draussen hudelt etwa oder wenn das Buch zu spannend ist, um es wegzulegen. Aber manchmal, da fehlt mir die Freiheit, das Alleinsein, die Wildnis und die Befriedigung bei der Rückkehr so richtig. Denn Laufen macht gute Tage viel besser und schlechte Tage – naja, die bleiben dann einfach schlechte Tage. Dazu passt ein Text, den ich nach meinem Autounfall im Februar für den Outdoorblog verfasst habe:

Der Laufsport war ein Lückenbüsser, als er in mein Leben trat – mehr nicht. Nachdem ich die Tanzschuhe an den Nagel gehängt hatte, fehlte in meinem Alltag ein Ventil, das mich umweltverträglich macht. Es mangelte mir an Bewegung, dank der ich mich lebendig und frei fühle. Den Emotionen, zuvor von einer sinnlichen Rumba, einem ausgelassenen Disco-Swing oder einem melancholischen Englischwalzer entfesselt, fehlte plötzlich der Katalysator. Laufen war ein Notnagel – unkompliziert, überall und bei jedem Wetter eine valable Option. Ein Mittel zum Zweck. Ein Sprungbrett zur nächsten Leidenschaft, viel mehr versprach ich mir davon nicht. Denn mal ehrlich: Diese klobigen Sneaker und diese damals noch sehr maskulinen Outfits, die alle Weiblichkeit, Erotik und Anmut zunichtemachen, was hatten sie gegen glitzernde High Heels mit Pfennigabsätzen und sexy Kleidchen zu bieten?

Vom Lückenbüsser zum Begleiter

Just dieser Lückenbüsser war es, der mein Leben drastisch veränderte – sachte, sukzessive, spürbar. Nonchalant schlich er sich in meinen Alltag. Gerade noch Fremde, wurden wir unerwartet Freunde. Er entpuppte sich als verlässlicher Partner, der meinen Kopf lüftete oder für mich Schreibblockaden überwand. Aus Gelegenheitstreffen wurden Rendez-vous, aus Notwendigkeit wurde Freude. Mein neuer Verbündeter brachte mich am Morgen auf Touren, am Nachmittag ins Gleichgewicht und schickte mich abends gelassen und erfüllt ins Traumland. Egal, wie turbulent sich mein Leben gerade gestaltete, auf ihn war Verlass.

Aus Notwendigkeit wurde Leidenschaft. Urplötzlich ist er nicht mehr aus meinem Alltag wegzudenken, er tariert nicht nur meine Gefühlslage. Heute lässt er regelmässig meinen Atem stocken, indem er mir die Freiheit und Schönheit der Natur zeigt. Er lässt mein Herz jubeln, indem er mit mir wie ein ausgelassenes Kind Herbstlaub durch die Luft wirbelt. Gemeinsam schmieden wir Pläne, verfolgen Ziele, von denen wir nicht wissen, ob wir sie je erreichen werden, nur um dem Leben ein Schnippchen zu schlagen. Er treibt mir Tränen in die Augen, wenn ich völlig erschöpft und überglücklich nach 42 Kilometer eine Ziellinie überquere. Er versteht es, mich auf den Boden der Realität zurückzuholen. Und vielleicht wurde er zu sehr zur Selbstverständlichkeit, denn kürzlich lehrte er mich, ihn schmerzlich zu vermissen…

Die grossen Gefühle brauchen keine Musik

Ein Unfall, ein Laufverbot und fort war er. Alleingelassen tigerte ich durch die Tage, wochenlang. Mein Lückenbüsser hatte eine Lücke hinterlassen. Ich verzehrte mich nach der Freiheit, die er mir schenkt; nach den Emotionen, die er in mir weckt. Die zahlreichen «klobigen Sneakers» vor meiner Tür, Läufer – egal wie unsexy ihre Outfits auch waren – liessen mich en passant die Leere schmerzlich spüren. Der Laufsport hat mir gezeigt: Die grossen Gefühle brauchen keine Musik, die sie entfesselt – sie sind aber auch nicht selbstverständlich.

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